Das Erbschaftsteuergesetz wurde in der Vergangenheit schon mehrfach als verfassungswidrig erklärt, zu Letzt im Jahr 2014. Damals kritisierten die Richter des Bundesverfassungsgerichts, das Erben von Betriebsvermögen zu stark bevorzugt würden, da das Gesetz hierfür zu weitreichende Verschonungsregeln enthielt.
Dies brachte die Bundesregierung in eine Zwickmühle. Einerseits forderten unter anderem Mittelstandsvereinigungen und der BDI Verschonungsregeln zu erhalten, um Unternehmensnachfolgen bei inhabergeführten Familienbetrieben nicht zu gefährden. Eine zu hohe Steuerbelastung könnte potentielle Nachfolger abschrecken, das Unternehmen und seine Arbeitsplätze könnten dann in ihrer Existenz bedroht sein.
Auf der anderen Seite stand jedoch die Forderung der Verfassungsrichter im Raum, das Erben von Betriebsvermögen nicht zu stark begünstigt werden dürften. Von Seiten des linken Parteienspektrums wurde das Urteil daher sofort aufgegriffen, verbunden mit der Forderung nach weitergehenden Umverteilungen.
So kann es kaum verwundern, dass die Erbschaftsteuerreform der großen Koalition nicht mehr und nicht weniger ist als ein hart umkämpfter Kompromiss. Leider kein sehr guter, zu mindestens für Firmenübergaben von kleinen und mittelständischen Betrieben. Denn gesucht wurde die Quadratur des Kreises bei gleichzeitiger Gesichtswahrung aller Beteiligten. Und dabei ist ein Erbschaftsteuergesetz herausgekommen, durch das Betriebsübergaben noch einmal deutlich komplizierter und eine etwaige Steuerbefreiung ungewisser geworden ist.
Dies trifft vor allem kleine und mittelständische Betriebe. Denn auch hier sind hochkomplexe Bewertungen und Berechnungen bei der Erbschaftsteuererklärung notwendig, selbst wenn sich im Endergebnis keine oder nur eine geringe Steuerlast ergibt.
So muss bei der Bewertung eines Betriebs und einer etwaigen Steuerverschonung seit der Erbschaftsteuerreform noch feinsinniger in potentiell begünstigtes und nicht begünstigtes Betriebsvermögen unterschieden werden.
Nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen wie zum Beispiel betriebliche Geldmittel sind nach der Erbschaftsteuerreform voll zu besteuern, sofern ihr Wert mehr als 10% des Unternehmensvermögens übersteigt. Beträgt ihr Anteil mehr als 90% wird Erbschaftsteuer auf das ganze Betriebsvermögen fällig.
„Erleichterung“ für Familienunternehmen
Als Zugeständnis an die Mittelstandsvereinigungen wird auf den begünstigten Teil des Betriebsvermögens ein maximal 30 % steuermindernder Vorababschlag gewährt, wenn eine enge Bindung zum Unternehmen nachgewiesen wird.
Ist der Nachweis erbracht, richtet sich der tatsächliche Abschlag nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen für Abfindungen an ausscheidende Gesellschafter.
Außerdem ist diese Verschonungsregelung an Gewinn und Entnahmebeschränkungen 2 Jahre vor und 20 Jahre nach dem Vermögensübergang gekoppelt.
Das Damoklesschwert Lohnsummenregelung
Außerdem müssen Unternehmensnachfolger für weitere Steuerbefreiungen über einen Zeitraum von 5 bis 7 Jahren Arbeitsplätze sichern, andernfalls wird nachträglich Erbschaftsteuer fällig. Gemessen wird dies anhand einer sogenannten Lohnsummenregelung.
Diese Lohnsummenregel hat jedoch zur auch Folge, das Firmenerben im Fall einer Unternehmenskrise innerhalb diesess 5-7 Jahres Zeitraums vor einem Dilemma stehen.
Denn kann das Unternehmen bspw. bei Umsatzrückgängen nicht mit Kostenreduktionen auch im Personalbereich reagieren, droht gegebenenfalls die Insolvenz. Eine Insolvenz wiederum hat zur Folge, dass Arbeitsplätze nicht gesichert wurden und nun das Finanzamt dem gescheiterten Unternehmensnachfolger auch noch die Erbschaftsteuer in Rechnung stellt.
Reagiert man hingegen in einer etwaigen Krise mit Personaleinsparungen, bittet das Finanzamt den Unternehmensnachfolger sofort zur Kasse mit einer Erbschaftsteuernachforderung, da die Voraussetzung für die Erbschaftssteuerbefreiung nicht erfüllt wurde. Dadurch wird dem Unternehmensnachfolger letztendlich aber Liquidität entzogen, die in vielen Fällen nicht vorhanden ist oder aber sinnvollerweise für die Sanierung des angeschlagenen Unternehmens eingesetzt werden sollte.
Anmerkung:Auch nach der alten Rechtslage gab es bereits eine Lohnsummenregelung. Dies galt jedoch erst bei Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern. Nach dem neuen Gesetz gilt die Lohnsummenregelung jedoch abgestuft bereits bei Betrieben mit mehr als 5 Mitarbeitern.
„Bedürftigkeitsprüfungen“ bzw. Ausschluss bei Großerben
Wird begünstigtes Vermögen mit einem Wert von mehr als 26 Millionen Euro übertragen, wird der Erbe genau unter die Lupe genommen. Erben müssen dann ihre privaten Vermögensverhältnisse offenlegen und nachweisen, dass das die Erbschaftsteuer nicht durch sein Privatvermögen und das vererbte nicht begünstigte Betriebsvermögen zu mindestens anteilig bezahlt werden könnte.
Bei einem übertragenen Vermögen von mehr als 90 Millionen fällt die Verschonung sogar unabhängig davon komplett weg.
Fazit
Durch die Erbschaftsteuerreform wird die Unternehmensnachfolge insbesondere bei kleinen und mittelständischen Betrieben im Vergleich zur alten Rechtslage nicht einfacher. Ursache hierfür ist vor allem der deutlich gestiegene Aufwand für die Erbschaftsteuererklärung aufgrund der komplexen Regelungen bei der Bewertung und den Verschonungsregelungen sowie die Ausweitung der Lohnsummenregelung auf Betriebe mit 6-20 Arbeitnehmern.
Daher müssen sich auch diese Unternehmen ab sofort noch sorgfältiger auf einen Betriebsübergabe vorbereiten, um von den Steuerprivilegien bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer profitieren zu können.
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