Kassenaufzeichnungen einer Apotheke
Die elektronischen Kassensysteme sind für Apotheker inzwischen unentbehrlich. Insbesondere die Möglichkeit, Warenverfügbarkeiten zu prüfen und Arzneimittel direkt zu bestellen, erleichtern den Arbeitsablauf in Apotheken immens.
Dabei generieren die modernen computerbasierten Kassensysteme jedoch auch deutlich mehr Daten als früher. Als Steuerberater in Gütersloh erleben wir zunehmend, das dies Begehrlichkeiten seitens des Fiskus weckt, insbesondere bei Betriebsprüfungen. Dabei genügen eigentlich die Tagesendsummenbons, um die Tageseeinnahmen der Apotheke zu ermitteln. Dies sah das Finanzgericht Kassel ähnlich und entschied, das bei einer Betriebsprüfung Apotheker nicht zwingend elektronische Daten mit Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe der Kasse vorlegen müssen.
Geklagt hatte eine Apothekerin, die ihre Bareinnahmen mit einer PC-Kasse erfasste. Die baren Tageseinnahmen stellte sie durch fortlaufende Tagesendsummenbons (Z-Bons) mit anschließender Nullstellung des Kassenspeichers fest. Die Summe der täglichen Bareinnahmen wurde manuell in das Kassenbuch übertragen, das Grundlage der Buchführung war.
Der Aufforderung des Betriebsprüfers, eine GDPDU Datei aus der Kasse inklusive den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, kam sie nicht nach. Zwar legte sie dem Betriebsprüfer GDPDU Daten aus ihrem Kassensystem vor; die Einzeldokumentation der Verkäufe (Kassenauftragszeile) hatte sie jedoch entfernt.
Das Hessische Finanzgericht entschied, dass für die Aufforderung des Finanzamtes, auch die Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, keine Rechtsgrundlage bestehe. Denn da die Apothekerin nur an Endverbraucher verkaufte und nicht an andere gewerbliche Unternehmen, bestehe aufgrund der Größe und der Einzelumsatzhäufigkeit keine gesetzliche Verpflichtung, die einzelnen Barverkäufe aufzuzeichnen. Es ist der Apothekerin auch nicht zuzumuten für eine ordnungsgemäße Buchführung Einzelaufzeichnungen zu führen, wenn die Apotheke gegen Barzahlung Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl von Kunden im offenen Ladengeschäft verkaufe.
Ausreichend sei in solchen Fällen, auf Einzelaufzeichnungen zu verzichten und die festgestellten Tagesendsummen täglich fortlaufend in ein Kassenbuch zu übertragen. Die Führung des Kassenbuchs solle die streitigen Einzelaufzeichnungen gerade ersetzen.
Die freiwilligen Aufzeichnungen der Apothekerin führe nicht zu einer Vorlagepflicht bei der Betriebsprüfung. Denn die Datei sei grundsätzlich nicht Bestandteil aufzubewahrenden Grundaufzeichnungen. Dass die Datei für das Finanzamt bei einer Verprobung der Pflichtaufzeichnungen hilfreich und interessant sein könne, sei unerheblich.
Für den Betrieb der Apothekerin sei die gesonderte Aufzeichnung des Warenausgangs und der Einnahmen gerade nicht erforderlich. Dem Gesetzgeber stehe es allerdings frei, nach österreichischem Vorbild ein gesetzliches Zugriffsrecht auch für die außerhalb einer gesetzlichen Aufzeichnungspflicht vom Steuerpflichtigen geschaffenen Daten zu schaffen.
Das Hessische Finanzgericht hat abschließend und durchaus praxisrelevant aber auch klargestellt, dass die hier streitige Frage des Bestehens einer Vorlagepflicht von der Frage einer im Übrigen erkennbaren Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung und der dadurch eröffneten Schätzungsbefugnis des Finanzamtes strikt zu trennen sei. So ließen nicht ordnungsgemäße Kassenaufzeichnungen (z.B. Differenzen zwischen den Tagessummen laut Z-Bons und den Eintragungen im Kassenbuch oder die nicht zeitgerechte Führung des Kassenbuchs) den Schluss zu, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden sind und berechtigten das Finanzamt zu Zuschätzungen.
Fazit Hecker + Kollegen:
Der erfreuliche Sieg des hessischen Apothekers wird voraussichtlich nicht unangefochten bleiben. Denn die großen Anbieter von Branchenlösungen haben Ihre Kassensysteme und Warenwirtschaftsysteme bereits weitgehend verschmolzen:
- ADG K4000 / A3000 / S3000
- Awinta Prokas / Jump
- Lauer Fischer Winapo
- Pharmatechnik IXOS
Daher werden die Finanzbehörden zunehmend, wie auch in anderen Branchen, Zugriff auf die steuerlich relevanten Daten einer verknüpften Warenwirtschaft verlangen. Mit den hieraus gewonnen Daten liesse sich dann bspw. die Einzelumsätze einer Apotheke rekonstruieren oder auch der komplette Tagesumsatz verproben. Ob dies auf Dauer abgewehrt werden kann, bleibt abzuwarten.
UPDATE APRIL 2015:
Der Bundesfinanzhof hat das apothekenfreundlicheUrteil des Hessischen Finanzgerichts inzwischen leider gekippt. Mehr zur Rechtsprechung (Stand April 2015) erfahren Sie in unserem Artikel "Fiskus darf elektronische Kassendaten einer Apotheke prüfen".
Quelle: Finanzgericht Hessen / stbwp.com