Amazon Umsatzsteuer-Berechnungsservice

Die korrekte Umsatzsteuerfindung bei Amazon Verkäufen eine Wissenschaft für sich. Vor allem, wenn die Ware aus mehreren Lägern versendet wird.

Eine Ursache hierfür ist der Umstand, dass Amazon derzeit den Versand der Waren aus FBA Lagern in Osteuropa forciert, konkret aus Tschechien und Polen. Amazon Marketplace Teilnehmern wird die Nutzung dieser Läger mit geringeren FBA Gebühren schmackhaft gemacht. Die damit einhergehenden steuerlichen Folgen sind Onlinehändlern jedoch weitgehend unbekannt. Denn die Nutzung des Pan europäischen Versand führt auch dazu, dass Onlinehändler sich in diesen Lagerländern umsatzsteuerlich registrieren und regelmäßig Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben müssen.

Unabhängig von der Nutzung des pan-europäischen Versands müssen Onlinehändler im B2C Geschäft immer die Lieferschwellen im Zielland der Warenlieferungen im Auge behalten, da die Umsatzsteuer nach Überschreiten der Schwellen dort abzuführen ist.

Bei B2B Kunden im EU Ausland sind Warenlieferungen in der Regel sogenannte umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

Somit hängt die Wahl der richtigen Umsatzsteuer letztendlich maßgeblich von folgenden Faktoren ab:

  • In welchen Ländern ist der Marketplace Händler steuerlich registriert?
  • Aus welchem Land wird das Produkt an den Kunden geliefert?
  • In welches Land wird das Produkt geliefert?
  • Handelt es sich um eine B2B oder B2C Lieferung?
  • Sind die Lieferschwellen für die B2C Lieferungen im Zielland bereits überschritten oder wurde auf die Anwendung der Lieferschwellen verzichtet.

Selbst wenn all diese Informationen vorlägen, wäre es ist es eine mehr als anspruchsvolle Aufgabe, die korrekte Umsatzsteuerfindung bei der Rechnungsstellung automatisiert abzubilden. Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass bei der Nutzung mehrerer Amazon Läger im Zeitpunkt der Rechnungsstellung vielfach unklar ist, aus welchem Lagerland die Warenlieferung erfolgt.

Beispiel 1

Ein in Deutschland ansässiger Onlinehändler verkauft Ware im Wert von 100 Euro netto + Umsatzsteuer an einen B2C Kunden in Österreich.Die Lieferung erfolgt aus

  1. einem Amazon Lager in Deutschland
  2. einem Amazon Lager in Polen
  3. einem Amazon Lager in Tschechien

Lösung

  1. Bis zum Überschreiten der österreichischen Lieferschwelle von 35.000 Euro kann der Onlinehändler die Lieferung mit deutscher Mehrwertsteuer abrechnen. Der Kunde hat dann 100 Euro +19% USt= 119 Euro zu bezahlen. Der Verkauf ist in die deutsche Umsatzsteuervoranmeldung einzubeziehen.
  2. Bis zum Überschreiten der österreichischen Lieferschwelle von 35.000 Euro kann der Onlinehändler die Lieferung mit polnischer Mehrwertsteuer abrechnen. Der Kunde hat somit 100 Euro +23% polnische USt= 123 Euro zu bezahlen. Der Verkauf ist in die polnische Umsatzsteuervoranmeldung einzubeziehen. Außerdem muss die Rechnung in polnischen Zloty fakturiert werden. Die Umrechnung in Euro muss auf Basis des aktuellen Wechselkurses der Zentralbank erfolgen
  3. Bis zum Überschreiten der österreichischen Lieferschwelle von 35.000 Euro kann der Onlinehändler die Lieferung mit tschechischer Mehrwertsteuer abrechnen. Der Kunde hat somit 100 Euro +21% tschechische USt= 121 Euro zu bezahlen. Der Verkauf in die tschechische Umsatzsteueranmeldung einzubeziehen.

Beispiel 2

Ein in Deutschland ansässiger Onlinehändler verkauft Ware im Wert von 100 Euro netto + Umsatzsteuer an einen B2B Kunden in Polen. Die Lieferung erfolgt aus:

  1. einem Amazon Lager in Polen
  2. einem Amazon Lager in Tschechien

Lösung

  1. Die Lieferung muss mit in der Regel polnischer Umsatzsteuer fakturiert werden. Der Kunde hat dann 100 Euro +23% polnische USt= 123 Euro zu bezahlen. Der Verkauf ist in die polnische Umsatzsteuervoranmeldung einzubeziehen. Außerdem muss die Rechnung in polnischen Szloty fakturiert werden. Eine Umrechnung in Euro hat auf Basis des aktuellen Wechselkurses der Zentralbank zu erfolgen
  2. Wenn der Kunde über eine gültige polnische Umsatzsteueridentifikation verfügt, handelt es sich in der Regel um eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Der Kunde zahlt somit lediglich 100 Euro. Die Lieferung ist in die tschechische zusammenfassende Meldung einzubeziehen

Der Amazon VAT Calculation Service

Aufgrund der dargestellten komplexen Rechtslage besteht ein hohes Risiko von Fehlern bei der Rechnungsstellung. Dies hat Amazon auch erkannt und versucht mit dem Umsatzsteuer Berechnungsservice (englisch VAT Calculation Service oder kurz VCS) gegenzusteuern.

Denn mit der Nutzung dieses derzeit kostenlosen Services verlagern Marketplace Händler die Rechnungsstellung und die damit verbundene Umsatzsteuerfindung auf Amazon.

Wichtig: Der Kunde erhält zwar eine Rechnung von Amazon, aber im Namen des Onlinehändlers.

Um diesen Service nutzen zu können müssen Händler unter anderem ihre umsatzsteuerlichen Registrierungen, die Standard Versandanschrift sowie die Steuersätze (regulär/ ermäßigt) im Amazon Seller Account hinterlegen. Anhand der Käuferdaten und dem ermittelten Versandlager soll der Umsatzsteuerberechnungsservice dann bei jeder Transaktion die korrekte Umsatzteuer ermitteln und fakturieren, oder bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Netto Rechnungen ausstellen.

Eigentlich eine clevere Idee. Die Medaille hat aber auch eine Kehrseite.

Denn der Marketplace Teilnehmer muss bei seiner Bestellabwicklungssoftware die integrierte Rechnungserstellung für Amazon Transaktionen deaktivieren, um doppelte und schlimmstenfalls widersprüchliche Rechnungen an den Kunden zu vermeiden.

Zudem muss eine Lösung gefunden werden, um die so erstellten Rechnungen automatisiert und mit korrekten Erlös und Umsatzsteuerbuchungen an die Finanzbuchhaltung zu übergeben. Andernfalls müssten alle VCS Rechnungen einzeln manuell gebucht werden, was naturgemäß zeit- und kostenintensiv ist.

Außerdem überwacht der VCS nach derzeitigem Stand nicht die Lieferschwellen bei grenzüberschreitendem Versand an B2C Kunden.

Es ist zudem davon auszugehen, das Amazon für die Nutzung des VCS mit Marketplace Händlern einen Haftungsausschluss für eventuelle Fehler vereinbaren wird.

Fazit: Die Vorteile des Amazon VCS sind verlockend. Denn aufgrund des Informationsvorsprungs hinsichtlich Käufereigenschaft (B2B& B2C) bzw. Lagerort des Artikels im Zeitpunkt des Bestellvorgangs hat Amazon gute Voraussetzungen, um eine korrekte Umsatzsteuerfindung zu ermöglichen.

Die Nutzung ist aber vor dem Hintergrund der geschilderten Risiken sowie der individuellen Verhältnisse sorgfältig abzuwägen. Für eine individuelle Beratung zum Thema stehen unsere Steuerberater gerne zur Verfügung.