Neue steuerliche Pflich ten für Onlinehändler

Finanzamt

Das am 1. August 2018 vom Bundeskabinett verabschiedete Jahressteuergesetz 2018 birgt eine Fülle von steuerlichen Neuerungen, und zwar nicht zuletzt für Onlinehändler.

Ursächlich hierfür sind die zunehmenden Steuerhinterziehungen durch vorwiegend ausländische Internethändler, die zwar Ware in Deutschland verkaufen, aber hierfür keinerlei Umsatzsteuer an den deutschen Fiskus abführen.

Um diesen schwarzen Schafen das Handwerk zu legen, müssen nach dem Gesetzentwurf zukünftig ALLE Online Händler beim Finanzamt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragen, die Waren nach oder aus Deutschland versenden.

Diese Bescheinigung des Finanzamts wiederum müssen Plattformbetreiber wie bspw. Amazon Marketplace oder Ebay zukünftigen von ALLEN Internethändlern einfordern, wenn sie nicht im Falle von Umsatzsteuerhinterziehungen des Onlinehändlers für die verursachten Steuerausfälle haften wollen.

Außerdem müssen Plattformbetreiber zukünftig folgende Daten bei Lieferungen von und nach Deutschland speichern und dem Finanzamt auf Verlangen elektronisch übermitteln:

  • vollständiger Name und Anschrift des Onlinehändlers
  • Steuernummer und UStId Nummer des Internethändlers
  • Beginn und Ende der Gültigkeit Bescheinigung
  • Ort des Beförderungsbeginns und –ende
  • Datum und Höhe des Umsatzes

Erste Einschätzung von Steuerberater Hecker

Mit dem Regierungsentwurf will sich der Gesetzgeber den neuen Herausforderungen des zunehmend virtuellen Handels stellen.

Die Erkenntnisse der letzten Jahre haben gezeigt, das die Steuereintreibung auf klassischem Weg bei im Ausland ansässigen Internethändlern vielfach wortwörtlich an ihre Grenzen stößt. Denn die Macht der Steuerfahndung endet in der Regel an den Landesgrenzen und insbesondere außereuropäische Amtshilfeabkommen sind, sofern überhaupt vorhanden, vielfach nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurden. Vor allem außereuropäische Steuerhinterzieher haben deshalb bislang kaum etwas zu befürchten, da man ihrer im Gegensatz zu im Inland ansässigen Händlern defacto kaum habhaft wird.

Dabei ist es auch im Interesse deutscher Onlinehändler, das der unfaire Wettbewerb mit ausländischen Onlinehändlern eingedämmt wird. Denn der Onlinehandel wird knallhart über den Preis ausgetragen. Ausländische Händler profitieren hierbei schon per se aufgrund der vielerorts deutlich niedrigeren Lohn-, Sozial und Umweltstandards. Wenn sich gewiefte ausländische Händler dann auch noch on top die 19% Umsatzsteuer ersparen, können Sie so preislich jeden rechtstreuen deutschen Händler ausstechen.

Das Vorhaben des Gesetzgebers ist somit grundsätzlich zu begrüßen, wenn da nicht die Unfähigkeit der Finanzverwaltung wäre, dieses Vorhaben auch vernünftig umzusetzen.

Denn es wird nicht wie bei der Umsatzsteueridentifikationsnummer auf ein elektronisches und tagesaktuelles Bescheinigungs- und Verifikationssystem gesetzt. Vielmehr will der Gesetzgeber im 21. Jahrhundert allen Ernstes ausländische Steuerhinterzieher mit Papierbescheinigungen deutscher Finanzämter bekämpfen.

Chapeau und Applaus für so viel Innovationskraft!

Die Papierbescheinigungen sollen zudem auch noch 3 Jahre lang gültig sein, und werden voraussichtlich wie Steuerbescheide auf „absolut fälschungssicheren“ Recyclingpapier ausgestellt. Spätestens jetzt stellt sich die Frage, wie ausländische Steuerhinterzieher bei einer derartigen Entschlossenheit der deutschen Finanzverwaltung noch in den Schlaf finden…. vor lauter Lachen.

Anmerkung: Mittelfristig soll jedoch auch ein elektronisches System geschaffen werden. Wann dies soweit ist, steht aber noch in den Sternen.

Reaktionen von Verbänden

So mag es kaum verwunden, das auch Branchenverbände wie bspw. die Bitkom das Vorhaben des Gesetzgebers kritisch würdigen. Bemängelt wird insbesondere, dass die Registrierungspflicht alle Onlinehändler trifft, und damit auch die überwiegende Mehrheit der rechtstreuen inländischen Internethändler.

Auch der deutsche Steuerberaterverband (DStV) hat sich eingeschaltet und konnte den ersten Referentenentwurf des ein Stück weit entschärfen. Denn ursprünglich sollte die Bescheinigung nur dejenigen Onlinehändlern erteilt werden, die in der Vergangenheit ihre steuerlichen Pflichten zuverlässig erfüllt haben und diese nach Einschätzung des zuständigen Finanzamtes auch in Zukunft erfüllen würden. Damit wären Onlinehändler der Willkühr des zuständigen Sachbearbeiters beim Finanzamt ausgesetzt, da mit der Versagung der Bescheinigung das Geschäft des Internethändlers vor dem Aus stünde. Nach dem aktuellen Regierungsentwurf ist diese Versagungsmöglichkeit einer Bescheinigung erfreulicherwiese wohl vom Tisch.

Ausblick

Nach dem Regierungsentwurf soll die Haftung der Plattformbetreiber für Umsatzsteuerhinterziehungen von Onlinhändlern mit Sitz außerhalb der EU/EWR ab dem 1. März 2019 beginnen, für alle anderen Onlinhändler jedoch erst ab dem 1. Oktober 2019.

Um diese Haftungsrisken zu vermeiden, werden Plattformanbieter wie Amazon und Ebay die Finanzamtsbescheinigungen von Onlinehändlern wohl allerspätestens ab diesem Zeitpunkt verlangen. Sollte das Steuergesetz wie in Vorjahren erst kurz vor Weihnachten verkündet werden, bleibt Onlinehändlern nicht mehr viel Zeit, um die entsprechende Bescheinigung zu erhalten. Das betrifft vor allem Onlinehändler mit Sitz außerhalb der EU/EWR , die sich dann binnen 2 Monaten in Deutschland steuerlich registrieren lassen müssen, um die notwendige Bescheinigung zu erhalten. Ob die zuständigen Finanzämter auf den zu erwartenden Ansturm von Onlinehändlern am Jahresanfang gewappnet sind, bleibt abzuwarten.

Aus unserer Erfahrung als Steuerberater für Onlinehändler ist mit dem aktuellen Gesetzentwurf das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn auch der Bundestag und der Bundesrat müssen dem Gesetzvorhaben noch zustimmen, bevor das Gesetz verkündet werden kann.

Und es ist zu erwarten, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren neben Verbänden auch insbesondere Plattformanbieter wie Amazon und Ebay ihre Lobbymacht dafür nutzen werden, um das Gesetz hinsichtlich ihrer zukünftigen Haftungsrisiken zu entschärfen.

Es bleibt also spannend!

Autor:

th

Diplom Kaufmann Torsten Hecker
Steuerberater
Tel: +49 5241 9877-0 mail: hecker@stbwp.com