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Die Kassennachschau des Finanzamts
Bargeld ist böse – zu mindestens aus Sicht des Finanzamts. Denn anders als Überweisungen, EC- & Kreditkartenzahlungen hinterlassen Bargeldgeschäfte kaum Spuren.
Deshalb ist die Vollständigkeit der deklarierten Bargeldumsätze für die Finanzverwaltung kaum zu verifizieren.
Risiken für bargeldintensive Branchen.
In den Augen von Finanzbeamten stehen Unternehmer mit Bargeldeinnahmen zunehmend unter dem Generalverdacht der Steuerhinterziehung. Daher müssen bargeldintensive Branchen, wie bspw. die Gastronomie und der Einzelhandel, auch mit einer deutlich intensiveren Betreuung durch den Fiskus rechnen als andere Branchen.
Man möchte entgegnen – in einem Rechtsstaat gelte die Unschuldsvermutung doch auch für Unternehmer mit Bargeldumsätzen.
Nach unserer langjährigen Erfahrung als Steuerberater ist dies leider zunehmend nicht mehr der Fall. Denn der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung verschärfen die Anforderungen an eine „ordnungsgemäße Kassenführung“ von Jahr zu Jahr.
Selbst kleinste formale Mängel bei der Dokumentation der Bargeldumsätze können inzwischen dazu führen, dass die Unschuldsvermutung verworfen wird. Dies wiederum öffnet Tür und Tor für teilweise absurde Hinzuschätzungen von Umsätzen durch den Fiskus, was hohe Steuernachzahlungen, und gegebenenfalls zusätzlich noch ein Steuerstrafverfahren nach sich zieht.
Arten der Aufzeichnung von Bargeldgeschäften
Im Folgenden möchten wir Ihnen die gängigsten Arten für Kassenaufzeichnungen kurz vorstellen:
a) Die offene Ladenkasse
Der Klassiker unter den Bargeldaufzeichnungen ist zugleich ein Auslaufmodell, zu mindestens nach dem Willen des Gesetzgebers.
Dabei handelt es sich bspw. um eine einfache mechanische Schublade oder Geldkassette ohne jegliche technische Unterstützung, wie Sie beispielsweise noch oft auf dem Wochenmarkt oder in der Gastronomie anzutreffen ist.
Der Tagesumsatz wird hierbei nach alter Väter Sitte am Ende des Tages durch Zählung des Kasseninhalts und Vergleich mit dem Vortagesbestand rechnerisch ermittelt und in einem Kassenbericht dokumentiert:
Gezählter Kassenendbestand des aktuellen Tages
+ aus der Kasse bezahlter Betriebsausgaben
+ aus Kasse genommener Privatentnahmen
+ aus der Kasse zu Bank gebrachter Gelder
./. in die Kasse getätigter Privateinlagen
./. von der Bank in die Kasse transferierter Gelder
./. Kassenendbestand des Vortages
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= Bareinnahmen des Tages
Da diese schlichte Ermittlung der Bareinnahmen kaum verifizierbar ist, darf dieses Verfahren inzwischen nur noch von einer sehr eingeschränkten Zielgruppe angewendet werden. Ein Kriterium für die Anwendbarkeit ist gegeben, wenn man Waren von geringem Wert an eine Vielzahl von unbekannten Kunden bar verkauft.
Aber selbst wenn diese und weitere Kriterien erfüllt sind, bleibt eine Vielzahl von Fallstricken, die zu einem Verwerfen der Kassenaufzeichnungen durch die Finanzbehörden führen kann.
Dazu zählen unter anderem folgende Mängel:
- Die Kassenaufzeichnungen werden nicht zeitnah (täglich) geführt.
- Die Aufzeichnungen werden mit einem technischen Hilfsmittel (bspw. Excel) geführt
- Rechenfehler bei den Berichten
- Streichungen und Löschungen in den Kassenberichten
- Kein Nachweis für die Zählung des Kassenbestands
- Keine ordnungsgemäße Dokumentation von Privatentnahmen und Privateinlagen
b) Die elektronische Kasse / Computerkassen
Auf Grund der genannten Einschränkungen bei der offenen Ladenkasse ist die elektronische Kasse inzwischen mit wenigen Ausnahmen der Standard bei bargeldintensiven Betrieben.
Es existiert eine große Bandbreite von elektronischen Kassensystemen am Markt. Von der schlichten Kasse, die für wenige hundert Euro erhältlich ist, bis hin zu hoch komplexen Computerkassen, die vielfach an Vorsysteme wie bspw. Warenwirtschaftssysteme gekoppelt sind.
Unabhängig von dem eingesetzten System müssen alle Geräte einer Vielzahl von gesetzlichen Anforderungen genügen.
So müssen zum Beispiel seit 2017 fast alle elektronischen Kassensysteme manipulationssicher Einzelaufzeichnungen führen und diese in einem gesetzeskonformen digitalen Format für eine spätere Prüfung durch den Fiskus bereithalten.
Kassenanbieter verkaufen daher aktuell gerne neue elektronische Kassen mit dem Prädikat „finanzamtskonform“ oder „gobd konform“. Nach unserer Auffassung als Steuerberater sind derartige Aussagen aber wenn überhaupt nur die halbe Wahrheit.
Denn letztendlich ist die rechtliche Lage bei einer Kasse vergleichbar mit der bei einem Automobil. Der Hersteller / TÜV attestiert lediglich die Betriebssicherheit des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Verkaufs bzw. der Begutachtung, NICHT ABER den gesetzeskonformen Betrieb des Fahrzeugs. Hierfür ist vielmehr der Fahrer bzw. der Eigentümer verantwortlich.
Ähnlich verhält es sich bei Kassensystemen. Der Unternehmer und sein Personal müssen sicherstellen, dass das verwendete elektronische Kassensystem auch ordnungsgemäß eingerichtet, betrieben und dokumentiert wird.
Anmerkung: Gelingt dies nicht, kann es sehr teuer werden. Und der Versuch die Schuld hierfür auf den Kassenanbieter abzuwälzen wird in der Regel ähnlich erfolgreich sein wie der Versuch einen TÜV Prüfer für eigene Geschwindigkeitsverstöße haftbar machen zu wollen.
Aber selbst wenn die anspruchsvollen formalen Kriterien für die Auswahl, die Einrichtung und den Betrieb eines elektronischen Kassensystems beachtet werden liegt noch mehr als genug Sprengkraft in den gespeicherten Einzelaufzeichnungen der Kasse selbst.
Denn diese werden in der Regel erst viele Jahre später durch den Fiskus ausgewertet und können dann Fragen aufwerfen, die selbst Unternehmer mit ausgeprägtem Langzeitgedächtnis und Ordnungsliebe an ihre Grenzen bringen können.
Oder anders ausgedrückt: Alles was die elektronische Kasse aufzeichnet, kann und wird früher oder später gegen den Unternehmer verwendet.
Folgen der Kassennachschau:
Bislang hatten Unternehmer vielfach einige Wochen Zeit, um sich auf eine Finanzamtsprüfung vorbereiten, da diese in der Regel mit einer Prüfungsanordnung angekündigt wird.
Dies ist bei Kassensystemen seit Januar 2018 nicht mehr der Fall. Denn dem Fiskus wurde mit der Kassennachschau nunmehr die Möglichkeit eingeräumt, Kassensysteme auch unangekündigt prüfen zu dürfen.
Anmerkung: Von dieser Neuregelung sind sowohl Unternehmer mit elektronischen Kassensystemen als auch Nutzer einer offenen Ladenkasse betroffen.
Daher sind diese Unternehmer nun noch mehr als früher genötigt, jederzeit für eine Kassenprüfung vorbereitet zu sein und einem Prüfer ordnungsgemäße Kassenaufzeichnungen vorlegen zu können.
Andernfalls können selbst kleinste Mängel wie bspw. das Fehlen einer vollständigen Kassendokumentation fatale finanzielle Folgen haben.
Über Hecker + Kollegen Steuerberater
Wir betreuen seit 1972 Unternehmen aus verschiedensten Branchen, darunter auch viele mit Bargeldumsätzen.
So müssen wir feststellen, dass die Anforderungen des Fiskus an eine ordnungsgemäße Kassenführung in den letzten Jahren immer weiter verschärft wurden. Nach unserer Einschätzung wird sich dieser Trend auch in den nächsten Jahren fortsetzen.
Wir empfehlen betroffenen Unternehmen daher dringend, sich mit dem Thema eingehend zu beschäftigen, um dem Finanzamt kein Einfallstor für Umsatzhinzuschätzungen zu öffnen.
Dabei sollte man sich nicht nur auf die Versprechen der Kassenanbieter verlassen, sondern die eigene Kassenführung allumfassend auf den Prüfstand stellen. Dies beinhaltet sämtliche Prozesse rund um das Kassensystem, von der Einrichtung über den Betrieb bis hin zur Archivierung und Dokumentation.
Für eine individuelle Beratung zu Thema ordnungsgemäße Kassenführung vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzesverschärfung stehen wir daher gerne zur Verfügung.
Unser Ansprechpartner zum Thema Kassenführung:
Diplom Kaufmann Torsten Hecker
Steuerberater
Tel: +49 5241 9877-0 mail: hecker@stbwp.com